Seit Mai 2022 ist Eichenzell Di@-Lotsenstützpunkt der hessischen Landesregierung. Das Projekt „Di@-Lotsen – Digital im Alter“ hat sich zum Ziel gesetzt, ältere Bürgerinnen und Bürger niedrigschwellig in die digitale Welt zu begleiten – auch direkt an ihrem Wohnort. Dabei kommen geschulte Ehrenamtliche zum Einsatz, die telefonisch oder beim Hausbesuch Fragen zu Smartphone und Computer beantworten und bei Problemen helfen. Hier stellt sich einer unserer neuesten Ehrenamtlichen vor und erzählt von seinen Erlebnissen als Digitallotse in Eichenzell.
Das Interview führte Smart City-Mitarbeiterin Anne Jana.

Der Eichenzeller Digitallotse Michael Möller (42), von Beruf Zollbeamter, mag Klavierspielen, Lesen und Fahrradfahren. Seine Superkraft: Geduld!
Michael, was bedeutet Digitalisierung für Dich und wo begleiten Dich Smartphone und Computer in Deinem Alltag?
Michael Möller: Ich arbeite im Büro viel am PC und dort muss ich mich täglich mit vielen kleinen digitalen Problemen beschäftigen. Wann immer möglich, verwende ich Apps und Onlinedienste, um Wege und Papierarbeit zu sparen. Im Privaten nutze ich insbesondere Anwendungen wie Google Maps zur Orientierung oder digitale Medien.
Mein Smartphone nutze ich hauptsächlich zur Kommunikation mit WhatsApp und um Nachrichten zu lesen. Aber auch Onlinebanking und Wertpapierhandel betreibe ich per App. An meinem PC zu Hause arbeite und spiele ich – beispielsweise „Flightsimulator“, „Dota 2“, aber auch Brettspiele wie Go.
Was hat Dich motiviert, Digitallotse zu werden?
MM: Ich habe lange Zeit in Frankfurt am Main gewohnt, nachdem ich mein Studium beim Zoll beendet hatte. Entsprechend fielen über die Jahre viele Hobbys und Kontakte in Büchenberg, wo ich aufgewachsen bin, weg. Seit 2021 lebe ich wieder voll in meiner alten Heimat und war auf der Suche nach Anschluss und einer neuen Freizeitbeschäftigung. Außerdem wollte ich mich für andere Menschen engagieren. Da traf es sich gut, dass Bürgermeister Johannes Rothmund in einer Bürgerversammlung für das Digitallotsenprogramm warb. Das Thema fand ich spannend, zumal wir in Deutschland beim Thema Digitalisierung weit zurückliegen und sich meiner Meinung nach jede Beschäftigung damit lohnt – für mich selbst, aber auch für die Gesellschaft.
Wie lief die Ausbildung zum Digitallotsen ab?
MM: Das ging ziemlich schnell. Ich habe das Smart City-Büro angeschrieben und ein paar Tage später an einem Online-Fortbildungskurs für Digitallotsen teilgenommen. Dieser setzte sich aus Theorie- und Praxisanteilen zusammen: Zum einen habe ich dort erfahren, was Wissenschaftler aktuell zu Smartphone-Kenntnissen von älteren Menschen herausgefunden haben. Zum anderen ging es konkret darum, welche Themen für diese Zielgruppe relevant sind. Außerdem habe ich gelernt, wie ich Wissen gut und in passenden Formaten vermittle.
Wo und wie oft bist Du seitdem im Einsatz?
MM: Bisher war ich erst einmal bei einem Hausbesuch im Einsatz, habe aber schon mehrmals das Digitalcafé im Eichenzeller Smart City Forum unterstützt. Dort habe ich als Berater schon viele kleinere Probleme für Teilnehmende lösen können.
Mit welchen Fragen und Problemen hattest Du bei Deinen Beratungen bisher zu tun?
MM: Mit einem Drucker, der nicht druckte; einem Smartphone, bei dem keine Internetverbindung zustande kam; Fragen zur Speicherung von Dateien auf verschiedenen Medien und zu bestimmten Apps sowie verdächtigen Popups [= Fenster, die sich automatisch öffnen und die eigentliche Nutzungsoberfläche überlagern, zum Beispiel ein Anmeldeformular, aber auch Werbung oder Schaltflächen, die zur Eingabe von Daten auffordern].

Digitallotse Michael Möller (vorne r.) berät eine Teilnehmerin des Digitalcafés.
Welche Unterstützung erfährst Du? Kamst Du auch schon einmal nicht weiter?
MM: Wir Digitallotsen unterstützen und informieren uns gegenseitig, das ist richtig toll. Die Aufträge unserer Klientinnen und Klienten leitet das Smart City-Büro an uns weiter. Dabei entscheide ich selbst, welches Thema ich annehmen will oder wie viel Zeit ich gerade habe, um etwa an einer Veranstaltung teilzunehmen. Außerdem bekomme ich regelmäßig Informationen zu Weiterbildungsangeboten und gehe zu Ehrenamtlichentreffen.
Einmal habe ich einen Drucker nicht zum Laufen bekommen, obwohl alle Treiber funktionierten. Das Problem war ein defekter oder leerer Toner, den die Klientin zuvor eigentlich im Fachgeschäft wieder hatte auffüllen lassen. Die Frau hat sich dann an dessen Servicestelle gewandt. Zwar konnte ich das Problem selbst nicht beheben, aber ich habe dabei geholfen, die Ursache zu finden.
Gab es bisher einen besonders schönen Moment bei Deinen Einzelberatungen?
MM: Einmal hat sich ein Mann nach der Beratung bei mir sehr freundlich bedankt und gesagt, dass ihm bis dahin niemand bei seinem Problem hätte helfen können. Er hatte zwei Wochen kein Internet gehabt und war sehr froh, dass er nun wieder alles nutzen konnte.
Was gefällt Dir an Deiner Arbeit als Digitallotse?
MM: Dass ich neue Menschen kennenlerne. Und dass ich selbst neue Dinge über Programme und digitale Probleme erfahre und durch Veranstaltungen wie das Digitalcafé und die Fortbildungen zusätzliches Wissen und Tipps für meinen digitalen Alltag erhalte.
Im Freundes- und Familienkreis finden übrigens alle mein Engagement gut. Sie finden es toll, dass ich durch meinen Einsatz Menschen Sicherheit gebe in einem Land, das tendenziell zu digitalskeptisch ist. Gerade sehe ich, dass immer mehr ältere Menschen in einer immer digitaler werdenden Welt abgehängt werden und so auch gesellschaftliche Teilhabe verloren geht. Daher halte ich Projekte wie Smart City Eichenzell für wichtig, um für die Probleme der Zukunft zu sensibilisieren und neue Möglichkeiten der Digitalisierung aufzuzeigen. Auch wenn nicht alles umsetzbar sein sollte, so sind die gewonnenen Erfahrungen und die Beschäftigung mit diesen Dingen wichtig für Eichenzell, um auch in Zukunft konkurrenzfähig und effizient zu bleiben.
Was möchtest Du zukünftigen Digitallotsen gerne mitgeben?
Probiert es aus und wagt Euch ins kalte Wasser! Man lernt fachlich und menschlich viel dazu und selbst nicht lösbare Probleme bringen einen als Mensch weiter. Und den Kontakt zu Menschen anderer Altersgruppen als meiner eigenen und über Freundeskreis und Familie hinaus finde ich einfach bereichernd.
Weitere ehrenamtliche Digitallotsinnen und -lotsen gesucht!
Für die kostenlosen Online-Schulungstermine im Oktober 2025 (27./28.10. 16:00-17:30 Uhr) suchen wir Menschen von 18-99 Jahren,
- die Freude am Kontakt mit älteren Menschen haben
- die geübt ihr Smartphone und den Computer nutzen (IT-Experte muss jedoch wirklich niemand sein!)
- die Herausforderungen und kreatives Tüfteln mögen
- die Lust haben, Seniorinnen und Senioren am Telefon, bei ihnen zu Hause oder bei Veranstaltungen mit Geduld und auf Augenhöhe zu beraten
Was bringt’s?
- Viele schöne Kontakte mit Menschen
- Die Teilnahme an kostenlosen Weiterbildungen und dem Di@-Lotsentag 2025
- Fahrtkosten für Hausbesuche werden erstattet
- Einen Raum für Mitgestaltung, Ideen und Sich-Ausprobieren
- Teil eines sympathischen Teams aus Ehren- und Hauptamtlichen zwischen 25 und 70 Jahren zu werden
Sie möchten Digitallotsin oder Digitallotse in Eichenzell werden? Dann melden Sie sich gerne im Smart City-Büro bei Anne Jana unter 06659/979-135 oder anne.jana@eichenzell.de. Sie sollten mindestens 18 Jahre alt und mobil sein. Die Fahrtkosten für Hausbesuche werden erstattet.