„Darf’s ein Messenger mehr sein?“

Teilnehmer:innen des dritten Digitalcafés testeten Kurznachrichtendienste

„WhatsApp. WhatsApp. WhatsApp“, tönte es beim dritten Veranstaltungsabend des inklusiven Digitalcafés am 7. März fast unisono durch den Gewölbekeller des Herrenhauses – nur kurz unterbrochen von einem „Discord“*-Ausruf eines Jugendlichen. Die Veranstalterinnen Anne Jana von Smart City Eichenzell und Laura Albrecht von antonius hatten gefragt, welchen Kurznachrichtendienst die gut 25 Besucher:innen am Smartphone nutzten. „Mit Ihrer Wahl sind Sie nicht allein“, eröffnete Anne Jana den Themenschwerpunkt rund um die sogenannten „Messenger“*. „WhatsApp ist der beliebteste Kurznachrichtendienst weltweit. Was viele jedoch nicht wissen: Beim Thema Datenschutz sind andere Anbieter deutlich besser aufgestellt. Das schauen wir uns heute Abend genauer an“.

SMS bleiben wichtig

Mit Messengerdiensten können Nutzer:innen Nachrichten in Echtzeit über das Internet verschicken. Gestartet Ende der 1990er, sind die Dienste seitdem immer beliebter geworden – auch begünstigt durch die Verbreitung des Smartphones. Mit ihrem Siegeszug haben sie den Kurznachrichtendienst SMS* weitgehend abgelöst. „SMS sind jedoch immer noch wichtig“, betonte Laura Albrecht. Anders als Messenger-Nachrichten würden sie über das Mobilfunknetz verschickt und könnten auch Handys ohne WLAN* erreichen. Daher kämen sie bei Katastrophenalarmen zum Einsatz. „Auch Banken, Krankenkassen, Einkaufs- und Hotelbuchungsportale nutzen sie gerne, um Sicherheitscodes zur Personenverifizierung zu verschicken. Und nicht zuletzt werden weltweit immer noch 400 Millionen SMS an einem einzigen Tag im Jahr verschickt: an Silvester.“

Kriterien erleichtern die Qual der (Messenger-)Wahl

Bei einem Quiz, bei dem es galt Messenger anhand ihrer Logos zu erkennen, wurde deutlich, wie viele Alternativen es auf dem Markt gibt. „Wie soll ich mich denn da entscheiden?“, rief eine Besucherin ratlos. „Sinnvoll ist es, die Angebote anhand von Kriterien zu prüfen“, riet Anne Jana. „Wer bietet den Dienst an? Wo stehen die Server? Werden meine Nachrichten Ende-zu-Ende-verschlüsselt* und wie gehen die Betreiber mit Nutzer:innendaten um?“ Neben IT-Sicherheit und Datenschutz sollten auch die Funktionen, Nutzer:innenzahlen sowie mögliche Kosten berücksichtigt werden. Für die vorgestellten Messenger „WhatsApp“, „Telegram“, „Signal“ und „Threema“ kam dabei heraus:

„Die Funktionen von Messengern ähneln sich mittlerweile sehr, große Unterschiede gibt es jedoch beim Datenschutz“, fasste Anne Jana zusammen. Während beispielsweise WhatsApp keine anonyme Nutzung erlaube und automatisch auf gespeicherte Kontakte zugreife, setze Telegram auf eine weitgehend anonyme Nutzung, nenne aber – wenig vertrauenerweckend – seinen Server- und Unternehmenssitz nicht. Beide Messenger stünden zudem häufig in der Kritik: WhatsApp wegen seiner Nähe zu Facebook, das massenhaft Daten über seine Nutzer:innen sammle und an Dritte weitergebe. Telegram, weil sich darüber auch Angehörige extremer Gruppierungen sowie Kriminelle weitgehend ungestört austauschen und vernetzen könnten.

Dagegen gebe es mit Signal und Threema Systeme, die gar nicht oder nur im abgeschirmten Bereich ohne Einsichtsmöglichkeit durch den Anbieter Kontakte abriefen, keine personenbezogenen Daten speicherten und mit verschiedenen Ansätzen anonyme Nutzungsmöglichkeiten böten. „Diese Messenger sind nicht ganz ohne Schwachstellen, insgesamt jedoch deutlich sicherer“, so Anne Jana.

Messengerwechsel braucht Motivation und Überzeugungsarbeit

Viel diskutiert wurde die Frage, wie sich ein Messengerwechsel gut in die Praxis umsetzen lasse. Ein Teilnehmer erzählte, er habe Freunde nicht davon überzeugen können, von WhatsApp zu Signal zu wechseln. Andere Besucher:innen hoben die Vorteile von WhatsApp wie die weite Verbreitung im Freundeskreis oder die Bequemlichkeit hervor oder gaben zu: „Ich bin ja schon froh, wenn ich mit einem Messenger zurechtkomme!“

„Es geht uns nicht darum, Sie zu missionieren“, betonte Laura Albrecht. „Am Ende ist es auch eine Typfrage. Für den einen ist Bequemlichkeit wichtiger, für den anderen der Schutz der Privatsphäre und beides ist legitim“. Kritisch sehe sie es jedoch, wenn Kinderbilder per WhatsApp geteilt würden. Dessen Nutzungsvereinbarungen räumten dem Betreiber Meta Rechte an allen geposteten Bildern ein. Das heiße im Klartext: Meta dürfe sie kostenlos für seine Zwecke nutzen und auch an Dritte weitergeben. Im schlimmsten Fall kursierten private Bilder dann in ganz anderen Kontexten im Netz, ohne dass man eingreifen könne.

„Gerade der Schutz der eigenen Privatsphäre oder der von Kindern kann ein guter Motivationsgrund dafür sein, den Messenger zu wechseln“, so Anne Jana und empfahl kleine Schritte: „Bitten Sie Ihre Nächsten, einen zusätzlichen Messenger zu installieren. Die sichereren Alternativen haben fast die gleichen Funktionen wie WhatsApp, die Umstellung ist also geringfügig. Und: Seien Sie nachsichtig, wenn Sie nicht alle Ihre Kontakte davon überzeugen können. Ein Wechsel in einer kleinen Familien- oder Freundesgruppe ist bereits ein guter Anfang.“

Anschließend informierten sich die Gäste an Thementischen weiter zu den vorgestellten Diensten. Einige hatten die Hinweise zu Sicherheit und Datenschutz merklich zum Nachdenken angeregt und sie luden sich noch vor Ort einen alternativen Messenger herunter, um ihn auszuprobieren.

Anne Jana (l.) und Laura Albrecht (r.) informierten über Alternativen zu WhatsApp.
Viel diskutiert wurde die Frage „Wie gelingt der Messengerwechsel im Freundeskreis?“

Glossar

Cloud Messenger [klaud messindscher]: Erlaubt, von verschiedenen Geräten aus Texte und Medien zu verschicken und zu empfangen.

Discord: ein Messenger. Ursprünglich entwickelt, damit Computerspielende sich parallel zum Spiel per Chat, Audio- oder Videokonferenz austauschen konnten.

Ende-zu-Ende-Verschlüsselung: Online-Nachrichten werden beim Übertragen vom Sender verschlüsselt und können erst beim Empfänger entschlüsselt und gelesen werden.

ID [ei die]: Identifikationsnummer

Kurznachrichtendienste: Online-Dienste, mit denen man am Smartphone und teilweise auch am PC Kurznachrichten übermitteln kann. Dazu gehören SMS, Messenger und Microblogging.

Messenger [messindscher, auf Deutsch „Bote“]: Anwendungen auf dem Smartphone, mit denen man Textnachrichten, Videos und Fotos in Echtzeit über WLAN oder mobile Daten austauschen kann.

Microblogging [meikroblogging]: das Veröffentlichen von sehr kurz gefassten Nachrichten in Echtzeit. Einer der bekanntesten Dienste dafür ist „X“ [ex], ehemals „Twitter“.

SMS [gesprochen es em es]: steht für Short Message Service [schort messidsch sörvis], auf Deutsch Kurznachrichtendienst. Damit werden über das Mobilfunknetz Textnachrichten verschickt.

WLAN: Wireless Local Area Network [waieless lokl äriä netwöök, im Deutschen gesprochen Weelan]. Ein drahtloses lokales Funknetz, über das mobile Endgeräte wie Smartphones, Tablets oder Notebooks an das Internet angebunden werden können.

Der nächste Termin für das Digitalcafé ist der 11. April von 18-20 Uhr im Gewölbekeller des Herrenhauses Eichenzell, Am Hof 12. Das Thema für diesen Abend wird noch bekannt gegeben.