„Viele Eltern fragen beim Thema Medienzeiten als erstes: ‚Wie viel darf mein Kind mit drei, mit fünf, mit acht Jahren gucken?‘“, so der Medienpädagoge Felix Rudolph-von Niebelschütz am 17. September beim Vortrag „Medien in der frühen Kindheit – Tipps zur Medienerziehung und -begleitung“ im Smart City Forum. Darauf gebe es jedoch keine eindeutigen Antworten. Vielmehr solle man sich selbst ganz andere Fragen stellen:
- „Wie viel Mediennutzung passt in Ihren familiären Alltag? Wenn beide Eltern berufstätig sind und die Kinder erst um fünf aus der Kita holen, sollte die verbleibende Zeit natürlich nicht ausschließlich für Medien genutzt werden.“
- „Hat Ihr Kind genügend Zeit für andere spannende Aktivitäten? Sport, Musik, Freunde treffen, aber auch Malen, Bauen, Nichtstun – das sollte auf keinen Fall zu kurz kommen.“
- „Werden dem Kind attraktive Alternativen angeboten? Kinder verzichten oft gerne auf ein Video oder Computerspiel, wenn ihre Eltern ihnen vorschlagen, etwas Gemeinsames zu tun. Das können Gesellschaftsspiele oder Herumtoben sein, aber auch zusammen kochen oder die Großeltern besuchen.“

„Achten Sie bei Medien darauf, dass Sie altersgerecht sind und zum Gemüt Ihres Kindes passen“: Medienpädagoge Felix Rudolph-von Niebelschütz.
Dennoch könnten sich Eltern an den offiziellen Richtlinien für die altersgerechte Mediennutzung orientieren.
Kinder bis drei Jahre
- Für kleine Kinder sei es spannender, die Welt mit allen Sinnen zu entdecken und zu erfassen – „spannender als Medien, die häufig zu viele Reize bieten und sie überfordern“.
- Empfehlung: täglich 20 Minuten Bildschirmzeit seien in Ordnung – idealerweise nicht am Stück
Kinder zwischen vier und sechs Jahren
Kinder zwischen 7 und 10 Jahren würden selbstständiger und wollten mehr „ganz alleine“ erkunden. Zudem würden auch Medienangebote wie Serien oder Spiele interessanter:
- Kinder sollten nur auf kindgerechte und vorher ausgewählte Medien und Angebote zugreifen können.
- Empfehlung: ca. 30 Minuten Medienzeit am Stück seien vertretbar
Kinder zwischen sieben und zehn Jahren
„Bei Kindern ab sieben steigt das Interesse an Medien, die über den Zeitvertreib hinaus eine soziale Bedeutung erhalten: für die Zugehörigkeit zu Gruppen und zum Austesten von Grenzen“, so Rudolph-von Niebelschütz.
- Regeln zur Mediennutzung sollten gemeinsam aufgestellt werden
- Eltern sollten immer in „Hör- und Sichtweite“ sein
- Eltern sollten an den Endgeräten Sicherheitseinstellungen vornehmen, um Medienzeiten zu beschränken oder zu verhindern, dass die Kinder an altersunangemessene Beiträge gelangen.
- Empfehlung: ca. 45-60 Minuten am Tag seien in Ordnung
Und was, wenn es Streit gibt? „Das ist unvermeidbar und gehört zur Medienerziehung schlicht dazu“, so der Referent. Größere Kinder könnten aber gut in die Planung der Medienzeit eingebunden werden – beispielsweise mit Hilfe eines Mediennutzungskalenders mit Wochenkontingenten, der an einem für alle gut zugänglichen Ort hänge. Dieser sei vielseitig nutzbar: „Sie bestimmen, wie lange und wie oft die Kinder etwas pro Woche schauen dürfen, aber Ihre Kinder dürfen sich die Zeiten selbst einteilen. Oder sie dürfen Medienzeiten kombinieren, über Unterstützung im Haushalt Zeiten dazuverdienen oder an bestimmten Tagen auch überhaupt nicht einsetzen – es gibt viele Möglichkeiten, von denen sicher etwas zu Ihrer Familie passt.“ Überprüfen ließen sich Medienzeiten entweder über technische Regulierungen der Endgeräte oder – für die Kinder ersichtlicher – über einen Wecker. „Nehmen Sie aber keine Eieruhr“, schmunzelte Rudolph-von Niebelschütz. „Meine Kinder haben sehr schnell spitzbekommen, dass man sie leicht wieder zurückstellen kann.“

Mit einem Mediennutzungskalender können sich Kinder ihre Medienzeiten selbst einteilen – und Eltern haben immer den Überblick.
Medieninhalte: Jedes Kind ist anders
„Die Empfehlungen zu Medienzeiten sind eine gute Handreichung“, so der Medienpädagoge. „Für Ihre Entscheidung, welche Zeiten und Inhalte für Ihr Kind geeignet sind, ist tatsächlich aber ein anderer Faktor entscheiden: Ihr Kind.“ Das eine Kind schaue sich mit dem älteren Geschwister dessen Sendungen an und könne gut folgen, während ein empfindsameres Kind schnell überreizt sei. Daher sei es umso wichtiger für Eltern, in der Nähe zu sein und Inhalte zu prüfen. Seine Empfehlung: Sich nicht unbesehen von seinem Kind etwa zur Erlaubnis zum Anschauen einer neuen Serie überreden lassen, sondern diese vorab stichprobenmäßig anzuschauen.
Folgende Hinweise helfen dabei, eine Eignung festzustellen:
- Vorschulkinder können nur bedingt (je nach Alter) zwischen Fiktion und Realität unterscheiden. Das, was sie sehen, entspricht für sie in einem viel stärkeren Maße der Wirklichkeit. „Langsam ablaufende Zeichentrickfilme mit kindgerechten Themen sind daher oft besser als Realverfilmungen, weil Kinder eher verstehen, dass es sich nur um eine Geschichte handelt.“
- Emotionen und das Erleben stehen im Vordergrund, nicht die Handlung. „Kinder müssen aber auch nicht alles verstehen, um Spaß an einer Sendung zu haben und daraus etwas mitzunehmen.“
- Reize durch Farben, Geräusche, Musik und schnelle Schnitte können Kinder überfordern. „Besser: sanfte Farben, keine schrillen, hektischen Stimmen, langsame Bildwechsel“.
- Die Darstellung von Streit, Leiden und Gewalt kann nachhaltige Ängste hervorrufen und sehr belastend sein.
Kriterien für Filme sollten vor allem für kleinere Kinder sein, dass sie in sich abgeschlossen seien – ohne sogenannten „Cliffhanger“, also einen unaufgelösten Spannungsaufbau am Ende einer Folge –, es eine klare Unterscheidung von Gut und Böse sowie ein Happy End gebe, und dass sich spannende und entspannende Elemente abwechselten. Und: „Kinder lieben Wiederholungen. Lassen Sie es also ruhig zu, wenn Ihr Kind zum xten Mal dieselbe Sendung sehen oder hören will. Zu wissen, was in einer Geschichte passiert, vermittelt ihnen Sicherheit.“
Rudolph-von Niebelschütz plädierte dafür, den Übergang nach dem Medienkonsum aktiv zu gestalten und Medieninhalte mit dem Kind nachzubesprechen. „Sie müssen nicht die ganze Zeit danebensitzen, Kinder können und dürfen eigene Erfahrungen mit Medien machen“, so der Medienpädagoge. „Aber Sie können Ihr Kind im Anschluss fragen, was es gesehen hat. So können Sie Bezüge zu seiner realen Welt herstellen und finden heraus, ob es sich beispielsweise geängstigt hat. Denn das tun Kinder sogar bei Szenen, die Sie selbst als völlig unbedenklich einschätzen.“ Eine weitere Möglichkeit, Kinder nach der Medienzeit „abzuholen“: eine Anschlussbeschäftigung anbieten. „Das kann je nach den Vorlieben Ihres Kindes das Nachspielen des Gesehenen, Bewegung, kreatives Arbeiten oder Kuscheln sein.“
Am Ende räumte Rudolph-von Niebelschütz noch mit einigen „Rabeneltern“- Vorwürfen auf:
„Es ist völlig okay, sein Kind vors Tablet zu setzen, wenn man dafür in Ruhe kochen oder kurz verschnaufen kann“, so der Medienpädagoge. „Schließlich sind Eltern auch nur Menschen und müssen zwischendurch auftanken können. Medien an sich schaden Kindern nicht und die Ablenkung kann auch durchaus Konflikte entschärfen.“ Er warne jedoch davor, Kinder wahllos irgendetwas schauen zu lassen oder sie regelmäßig und lange vor Medien zu ‚parken‘.
Nützliche Links:
Der nächste Vortrag findet am 29.10.2025 statt. Thema: „Das erste Handy fürs Kind – was nun!?“. Referent: Felix Rudolph-von Niebelschütz. Um Anmeldung unter smartcity@eichenzell.de oder bei Anne Jana, 06659 979-135 wird gebeten.
Die weiteren Termine im Jahr 2025 zum Vormerken:
12.11.2025 („Digitale Spiele – Konsole, Handy und PC“), 10.12.2025 („Social Media – TikTok, Insta & Co.“ Änderungen vorbehalten.