„Man merkt, viele von Ihnen waren im Urlaub und hatten Digitalcaféentzug“, begrüßte Anne Jana von Smart City Eichenzell am 17. September die gut 30 Teilnehmer:innen des siebten Digitalcafés im Gewölbekeller des Eichenzeller Herrenhauses – Besucherrekord. Mit dem Thema „Draußen unterwegs: Sicher navigieren mit dem Smartphone“ meldeten sich die Veranstalterinnen von Smart City Eichenzell, dem Herrenhaus (antonius) sowie Leben und Arbeiten in Eichenzell e.V. aus der Sommerpause zurück.
Google maps: mehr als nur eine Karte
„Zwei Stunden dauert es zu Fuß von hier bis nach Fulda: Das machen wir nicht, oder?“: Laura Albrecht, Inklusionsnetzwerkerin bei antonius, stellte die Navigationsapp „Google maps“ vor. Die in der Standardversion kostenlose App berechnet die schnellste Route zum gewünschten Ziel und unterstützt bei der Navigation zu Fuß, dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln. „Auch als Navi im Auto lässt sie sich nutzen“, so Albrecht. „Dabei zeigt Google maps in Echtzeit die aktuelle Verkehrslage an und schlägt bei Unfällen alternative Routen vor.“ Voraussetzung für diese Funktionen: Die GPS*-Standorterkennung am Smartphone müsse freigegeben sein. Dadurch lasse sich der eigene Standort ermitteln und bei Bedarf – etwa um sich mit Freund:innen zu treffen oder im Notfall – teilen. Auch Hotels, Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Sehenswürdigkeiten und Tankstellen melde Google maps und dies auch im Ausland. Wer beispielsweise in Barcelona unterwegs sei und sich verirrt habe, dem könne die App sowohl den Standort anzeigen als auch gleich die aktuellen Bus- und Bahnverbindungen. Dabei markiere ein blauer Punkt den Standort sowie ein kleiner blauer Trichter die Blickrichtung des Nutzenden. „Und wenn Sie außerdem noch riesigen Hunger haben, lotst Sie Google maps schnellstmöglich zu Gaststätten und Imbissen in der Nähe – wenn Sie möchten, sogar per Sprachausgabe“, erläuterte Laura Albrecht augenzwinkernd.
Während der Navigation könnten Nutzer:innen stets auf mehrere Kartentypen zurückgreifen und zwischen Straßen-, Satelliten- , Gelände- und benutzerdefinierten Versionen hin- und herwechseln. Das habe Vorteile: „Bei der Luftaufnahme können Sie beispielsweise bereits im Vorfeld schauen, ob es an Ihrem Zielort Parkplätze oder Parkhäuser gibt oder in welchen Straßen Sie alternativ parken können.“ „Kann sich Google maps auch den Parkplatzstandort meines Autos merken?“, fragte ein Zuhörer hoffnungsvoll und musste sich prompt Spötteleien über vergessliche Autofahrer anhören. Auf die Antwort (siehe Kasten „Tipps und Tricks“) wartete jedoch nicht nur er gespannt…
Bei aller Begeisterung über die vielfältigen Funktionen von Google maps: Ganz unkritisch sollte es nicht genutzt werden. Denn der dahinterstehende Google-Konzern ist bekannt dafür, allzu intransparent Daten zu sammeln, beispielsweise Suchanfragen. Wer das unterbinden will, kann in der App über sein Google-Profil den Standortverlauf in regelmäßigen Abständen automatisch löschen lassen. Eine hundertprozentige Sicherheit, etwa der Erstellung von Bewegungsprofilen zu entgehen, bietet auch das allerdings leider nicht (Alternative Apps unter „Tipps und Tricks“).
Für Fulda sah die Verkehrslage übrigens an jenem Abend gut aus: Google maps meldete keinerlei Stau.
Im Notfall kann das Smartphone zum Lebensretter werden
Ich bin auf einer Wanderung im Wald unterwegs und verletze mich, benötige einen Rettungsdienst, habe aber keine Ahnung, wo ich mich befinde. Ein Angehöriger stürzt in seinem Zuhause und liegt hilflos auf dem Boden, ohne sich bemerkbar machen zu können. Jemand braucht meine Hilfe, aber mir fallen die Erste-Hilfe-Maßnahmen nicht mehr ein: Für viele Menschen sind das Horrorvorstellungen. „Auf solche Notfälle können Sie sich vorbereiten“, sagte Anne Jana von Smart City Eichenzell und stellte Handlungsoptionen vor, die ein Smartphone in Notfällen biete. Selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass es dabei und aufgeladen sei.
Was tun bei medizinischen Notfällen?
„Grundsätzlich die 112 wählen“, so Anne Jana. „Mit dieser Nummer werden Sie kostenfrei und mit Vorrang an die zuständige Notrufzentrale vor Ort durchgestellt – und das in allen EU-Ländern. Das geht auch bei gesperrtem Smartphone, fehlendem Guthaben und manchmal sogar ohne Empfang.“ Das funktioniere so: Verfüge der eigene Netzanbieter an einem Ort über keinen ausreichenden Empfang, klinke sich der Notruf in das Netz eines anderen Anbieters ein – „außer Sie sind im Funkloch“, so Jana. In diesem Falle solle man seine Position möglichst verändern; manchmal reichten schon wenige Meter, um wieder Empfang zu haben. Eine Einschränkung gebe es in Deutschland jedoch: Notrufe seien, um Missbräuche zu verhindern, nur mit aktivierter SIM-Karte möglich.
Welche Alternativen gibt es zur Notrufnummer 112?
„Die Notfallnummer sollte immer Ihre erste Wahl sein“, betonte Anne Jana. Es gebe jedoch Fälle, wo eine Notfall-App, die Notfallfunktionen des Smartphones oder ein anderes technisches Gerät Vorteile böten. „In vielen Notfall-Apps können Sie medizinische Informationen hinterlegen, die bei einem Notruf über die App automatisch versendet werden“, so Jana. Das könnten Daten zu Allergien, Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme, Blutgruppe oder der Kontakt des Hausarztes sein. „Für Rettungsdienste sind diese Daten von unschätzbarem Wert und Ihre Chance auf eine schnelle und optimale Versorgung erhöht sich so drastisch.“ Einige Apps und auch viele Smartphones selbst ermöglichten es auch, medizinische Informationen sowie Notfallkontakte auf dem Sperrbildschirm Ersthelfer:innen und Rettungsteams zugänglich zu machen. In puncto Datenschutz sei das bedenklich, wenn das Smartphone beispielsweise gestohlen werde. Letztendlich müsse jeder Mensch jedoch selbst entscheiden, ob ihm Datenschutz oder die Übermittlung von eventuell lebenswichtigen Informationen zu seinem Gesundheitszustand wichtiger seien.
Bei Sprech- und Hörbeeinträchtigungen könnten Notfall-Apps, die Notrufe per SMS verschickten, die richtige Wahl sein – das gehe bei der 122 bislang nicht. Oder das eigene Smartphone könne Notrufe direkt auslösen, etwa über das mehrfache Drücken der Funktionstaste, ohne dass der Sperrbildschirm gelöst werden müsse. Darüber informierten im Regelfall die Einstellungen des Smartphones unter Menüpunkten mit Namen wie „Notfall SOS“ oder „Sicherheit und Notfall“.
Für Senior:innen mit erhöhter Sturzgefahr oder Menschen mit chronischen Krankheiten kämen auch andere mobile Nothelfer für Zuhause und unterwegs in Frage, beispielsweise Halsketten mit Notrufknopf, Armbänder oder Notfalluhren. Diese Geräte hätten den Vorteil, dass sie immer am Körper getragen würden und per Knopfdruck Hilfe anforderten. Teilweise könnten sie über Sensoren Stürze erkennen und sogar ohne Zutun der Trägerin oder des Trägers Alarm auslösen.
Was mache ich, wenn ich meinen Standort nicht kenne?
„Bei einem Notruf an die 112 wird üblicherweise automatisch Ihr Standort mitgesendet“, erklärte Anne Jana. Die Leitzentralen nutzten dafür AML (Advanced Mobile Location), das während des Notrufs WLAN und Satellitenortung auf dem benutzten Smartphone aktiviere und den Standort über eine nicht sichtbare SMS verschicke. Die Standortdaten würden üblicherweise nach einer Stunde von den Servern gelöscht. Auch bei Anrufen über Notfall-Apps würden Standortdaten automatisch mitgeliefert. Voraussetzung: ein GPS-fähiges Smartphone und eine eingeschaltete Standortbestimmung.
Welche Notfallapps gibt es?
„Viele, sehr viele“, seufzte Anne Jana. Wie immer bei Apps gehe es bei der Auswahl darum, eigene Kriterien festzulegen und die Apps auf Bedienbarkeit zu überprüfen. Viele Apps seien in kostenlosen Versionen verfügbar und ließen sich so gut testen. „Auf jeden Fall sollte die App einen gut sichtbaren Schnellknopf zur Übermittlung eines Notrufs haben, Standortdaten versenden können, eine Suchfunktion von Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern in der Umgebung ermöglichen sowie die Eingabe von persönlichen Daten“, zählte Jana auf. Auch Telefonnummern von Rettungs- und Pannendiensten sowie Kreditkartenanbietern zum Sperren von gestohlenen Karten seien praktisch. Besonders hilfreich, wenn man selbst Erste Hilfe leisten müsse, seien Erste-Hilfe-Anleitungen für Ersthelfer:innen, die man sich sogar vorlesen lassen könne. Diese Funktionen garantierten vor allem die Apps von Wohlfahrtsverbänden wie dem Malteser Hilfsdienst oder dem Arbeiter Samariter Bund. Daneben gebe es Notruf-Apps speziell für Gehörlose und Taubblinde, die auch für Hörbeeinträchtigte nutzbar seien, sowie internationale Notruf-Apps. Bezahlte Premiumversionen für einstellige Eurobeträge ermöglichten je nach Anbieter zusätzlich etwa das Speichern privater Notfallkontakte, die Hinterlegung von Impfungen, die Anzeige von Pollenflug oder eine Medikamentenerinnerung.
NINA dagegen sei eine kostenlose Notfall- Informations-und Nachrichten-App des Bundes. Nutzer:innen erhielten per Push-Nachricht* Warnmeldungen des Bevölkerungsschutzes bei Unwettern, Bränden oder anderen Gefahrenlagen an ihrem Standort oder zuvor definierten Orten wie der Wohnung oder dem Arbeitsplatz.
Wie richte ich eine Notruf-App ein?
- Wählen Sie eine Notruf-App in Ihrem jeweiligen App Store aus und laden sie herunter.
- Registrieren Sie sich mit Ihrem Namen und Ihrer Telefonnummer.
- Hinterlegen Sie jene persönlichen Daten, die Einsatzkräfte unbedingt wissen sollten, sowie die Kontaktdaten Ihrer Angehörigen.
- Schalten Sie die Standortfreigabe an Ihrem Smartphone ein. Bei Datenschutzbedenken empfiehlt es sich, dies zumindest bei Reisen oder Ausflügen in wenig besiedelte Gegenden zu tun.
- Manche Notruf-Apps fragen bei Aktivierung die Art des Notfalls ab. Sind sie nicht in der Lage, aktiv Angaben zu machen, alarmiert die App dennoch automatisch die Notrufzentrale oder eine hinterlegte Telefonnummer.
Im Anschluss an den Vortrag ließen sich viele Gäste von Ehrenamtlichen beraten und testeten an Thementischen Notfall- und Outdoorapps.
Der nächste Termin für das Digitalcafé ist der 10. Oktober von 18-20 Uhr im Gewölbekeller des Herrenhauses Eichenzell, Am Hof 12. Das voraussichtliche Thema für diesen Abend: „Das Smartphone einrichten“.
Tipps und Tricks
- Datenschutzkonformere Google maps- Alternativen sind zum Beispiel OpenStreetMap, HERE WeGo, Maps.me und OsmAnd (alle über Ihren jeweiligen Store erhältlich)
- Standortfreigabe bei Google maps bei Anmeldung mit Ihrem Google-Konto: Unter dem Menüpunkt „Standortfreigabe“ in Ihrem Profil ist es möglich, Ihren Standort in Echtzeit mit Familie und Freund:innen zu teilen. So können diese sehen, wo Sie sich gerade befinden. Der Standort wird auch dann aktualisiert, wenn Sie die App gerade nicht verwenden.
- Ebenfalls im Profil unter dem Menüpunkt „Offlinekarten“ ist es möglich, Karten bei Google maps herunterzuladen und offline zu verwenden.
- Parkplatz über Google maps wiederfinden: Bei Erreichen des Zielorts auf den blauen Punkt drücken und „Parkplatz speichern“ markieren. Auf dem Rückweg suchen Sie in der Suchleiste nach „Parkplatz“ und lassen sich die Route anzeigen.
- Alternative Outdoor-App: Komoot
- Notfall-Apps mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Notfallhilfe-App, Malteser Erste-Hilfe-App, Notfall-ID, Echo112, EchoSOS, WIS Emergency (für Gehörlose und Taubblinde). Nora, die offizielle Notfall-App der Bundesländer, wird aktuell technisch überarbeitet und ist nicht verfügbar.
Glossar
GPS [„Global Positioning System“, gesprochen „Dschi-pi-es“]: ein globales Navigationssatellitensystem, das Standort, Geschwindigkeit und Zeit synchronisiert.
Livetracking [gesprochen „Leifträcking“]: Damit kann der Standort von Personen, Fahrzeugen oder Gegenständen mit Hilfe von GPS in Echtzeit überwacht werden.
Push-Nachricht [gesprochen „Pusch“]: Haben Sie dieser Funktion zugestimmt, können Apps Ihnen Nachrichten auf Ihren Smartphonebildschirm schicken, ohne dass die jeweilige App geöffnet ist.