Seit Mai 2022 ist Eichenzell Di@-Lotsenstützpunkt des Hessischen Ministerium für Digitale Strategie und Entwicklung. Das Projekt „Di@-Lotsen – Digital im Alter“ hat sich zum Ziel gesetzt, ältere Mitbürger:innen niedrigschwellig in die digitale Welt zu begleiten – auch direkt an ihrem Wohnort. Dabei kommen geschulte Ehrenamtliche zum Einsatz, die telefonisch oder beim Hausbesuch Fragen zu Smartphone und Computer beantworten und bei Problemen helfen. Hier stellt sich eine unserer Ehrenamtlichen vor und erzählt von ihren Erlebnissen als Digitallotsin in Eichenzell.
Das Interview führte Smart City-Mitarbeiterin Anne Jana.

Sara, was bedeutet Digitalisierung für Dich und wo begleiten Dich Smartphone und Computer in Deinem Alltag?
Sara Fackert: Ich behaupte von mir, dass ich mich mit digitalen Themen ziemlich gut auskenne – solange ich nichts programmieren muss (lacht). In meinem Freundeskreis bin ich jedenfalls immer die erste Ansprechpartnerin, wenn es Fragen zur Formatierung eines Word-Dokuments gibt.
Mein Smartphone und meinen Computer nutze ich komplett unterschiedlich. Das Smartphone fast nur für Privates: um Kontakt zu halten, für To-Do-Listen, Nachrichten, Handyspiele oder soziale Netzwerke – am liebsten Instagram. Sobald es komplexer wird, etwa für das Schreiben von Hausarbeiten oder das Recherchieren von Literatur für mein Studium, verwende ich nur noch den Laptop.
Digitalisierung bedeutet für mich die Durchdringung fast aller Lebensbereiche durch digitale Medien. Mein Smartphone dabeizuhaben ist für mich so selbstverständlich wie meine Brille aufzusetzen. Mittlerweile fallen mir Dinge, die nicht digitalisiert sind, richtiggehend auf.
Was hat Dich dazu motiviert, Digitallotsin zu werden?
SF: Mein Weg zur Digitallotsin war ein ziemlich besonderer: Im vergangenen Jahr habe ich mit Kommilitoninnen ein Forschungsprojekt durchgeführt. Wir wollten wissen, aus welchen Gründen sich ältere Menschen dafür entscheiden, Angebote zur Medienbildung aufzusuchen. Dafür suchten wir Interviewpartner, die wir über das Eichenzeller Digitalcafé gefunden haben. Als wir im Gewölbekeller des Herrenhauses unser Projekt vorgestellt haben, habe ich sofort gemerkt, dass die Ehrenamtlichen dort mit Feuer und Flamme dabei waren, und bekam Lust mich auch zu engagieren. Gleichzeitig habe ich gesehen, wie dankbar das Publikum für die Beratung zu ihren Smartphone-Fragen war. Da ich mich mit technischen Geräten gut auskenne, schien die Lotsen-Ausbildung genau das Richtige für mich zu sein.
Über das Smart City-Büro habe ich mich für eine Online-Fortbildung angemeldet. Dort lernte ich verschiedene Methoden zur Vermittlung von Inhalten und seniorengerechte Apps kennen, von denen ich als junger Mensch bis dahin gar nichts gewusst hatte. Dadurch erhielt ich auch einen Einblick in die Lebenswelt von Senioren, den ich nicht nur für mein Ehrenamt sehr erhellend fand.
Wo und wie oft bist Du seitdem im Einsatz?
SF: Beim Digitalcafé bin ich immer dabei und berate dort zu verschiedenen Themen. Weil mein Auto kaputt war, konnte ich eine Zeitlang leider keine Hausbesuche machen. Seit ich wieder mobil bin, übernehme ich immer dann Einsätze, wenn es meine Zeit zulässt und nicht jemand von den anderen Ehrenamtlichen mehr Expertise hat (lacht). Hochgerechnet ist das etwa ein- bis zweimal im Monat. Meine Familie und meine Freunde finden mein Engagement übrigens super und meinen, dass es gut zu mir passt.
Welche Unterstützung erfährst Du?
SF: Innerhalb des Ehrenamtlichen-Teams erfahre ich sehr viel Unterstützung und positive Bestärkung. Die Stimmung ist immer gut, obwohl – oder gerade weil? – wir so ein bunter Haufen aus Studenten, Berufstätigen und Rentnern sind. Ich weiß auch, dass ich immer jemanden von den Anderen um Rat fragen kann, wenn ich mal nicht weiterweiß. Das gibt mir Sicherheit.
Auch durch das Smart City-Büro bekomme ich viel Rückhalt. Vor kurzem hatten wir einen Workshop zum Thema „Resilienz im Ehrenamt“, der wahnsinnig bereichernd war. Dass bei uns Ehrenamtlichen so viel Wert darauf gelegt wird, dass wir uns wohlfühlen und gute Arbeitsbedingungen haben, finde ich nicht selbstverständlich. Unsere Wünsche und Anliegen werden auf jeden Fall immer gehört.
Wie läuft eine typische Beratung ab?
SF: Ich glaube nicht, dass es eine typische Einzelberatung gibt. Im Endeffekt trifft man ja immer mit einem anderen Menschen zusammen und holt ihn da ab, wo er gerade steht. Manchmal berate ich meine Klientinnen und Klienten zu grundlegenden technischen Funktionen oder kann etwas mit einem Klick erledigen. Es gibt aber auch komplexere Anliegen, bei denen mein Klient und ich gemeinsam grübeln. Die häufigsten Fragen betreffen Einstellungen am Smartphone, wenn etwas nicht korrekt angezeigt wird oder der Speicher meckert, weil das Handy mit unnötigen Daten überladen ist. Oder eine App, die ‚verschwunden‘ ist, weil sie vom Home-Bildschirm entfernt wurde. Das lässt sich zum Glück leicht lösen. Auch Probleme mit der Akkukapazität kommen ab und zu vor. Da kann ich schnell erklären, woran es liegt.
Wichtig ist mir, dass von meiner Beratung am Ende auch etwas ‚hängenbleibt‘. Ein Problem gelöst zu haben, ohne dass meine Klienten wissen, wie ich das gemacht habe, halte ich nicht für sinnvoll. Es geht ja um Hilfe zur Selbsthilfe und nicht darum, dass ich alles ‚repariere‘.
Wo kamst Du einmal nicht weiter? Was hast Du dann gemacht?
SF: Gelegentlich lassen sich Updates nicht installieren, weil ein PC oder ein Smartphone zu alt ist. Dann mache ich klar, dass entweder auf Sicherheitsupdates verzichtet werden oder ein neues Gerät angeschafft werden muss. Einmal kam ich beim Synchronisieren eines Kalenders nicht weiter, mit Outlook hatte ich bis dahin wenig zu tun gehabt. Ich habe dann eine Suchmaschine befragt und mein Klient und ich haben uns gemeinsam durchprobiert. Am Ende konnten wir das Problem lösen und waren mächtig stolz.
Was gefällt Dir am meisten an Deiner Arbeit als Digitallotsin?
SF: Das Gefühl, dass ich damit jemanden etwas mitgeben kann, was er oder sie positiv für sich nutzen kann. Die Digitalisierung bietet so viele Potenziale für jeden, kann aber auch Hindernisse in den Weg legen. Ich finde es schön, wenn ich zumindest ein paar dieser Hürden beseitigen kann. Und ich lerne immer wieder etwas Neues hinzu. Zum Beispiel habe ich mir nach einem Digitalcafé neue Karten-Apps heruntergeladen, mit denen ich nun Routen planen kann.
Was hältst Du vom Digitallotsen-Projekt und von Smart City Eichenzell?
SF: Ich finde beides sehr sinnvoll und nötig! Leider sind wir in Deutschland beim Thema Digitalisierung sehr langsam und wenn es dann vorangeht, bleiben einige Menschen auf der Strecke und kommen nicht hinterher. Damit wir wir die Vorteile wahrnehmen können, müssen wir aber alle, von Jung bis Alt, mitnehmen. Ich verstehe, dass man Altbewährtes gerne erhalten möchte – der Mensch ist ein Gewohnheitstier (lacht) –, aber ich finde, man darf sich der Zukunft und ihren Entwicklungen trotzdem nicht versperren. Die Offenheit für neue Ideen und Überlegungen, wie man sie mit Bestehendem verbinden kann, finde ich klasse.
Was möchtest Du zukünftigen Digitallotsen gerne mitgeben?
SF: Traut euch! Auch wenn Ihr denkt, ihr habt nicht genug Wissen oder selbst ganz viele Fragen, ist das kein Grund, es nicht zu probieren. Man lernt mit jeder Aufgabe dazu und entwickelt sich weiter. Und es ist immer jemand da, den Ihr um Hilfe bitten könnt.
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Weitere ehrenamtliche Digitallotsinnen und -lotsen gesucht!
Für die kostenlosen Online-Schulungstermine im Juni 2025 suchen wir Menschen von 18 bis 99 Jahren (vorzugsweise motorisiert),
- die geübt ihr Smartphone und den Computer nutzen (IT-Expertin muss jedoch wirklich niemand sein!)
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- die Herausforderungen und kreatives Tüfteln mögen
Was bringt’s?
- viele schöne Kontakte mit Menschen
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- Fahrtkosten für Hausbesuche werden erstattet
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- Teil eines sympathischen Teams aus Ehren- und Hauptamtlichen zwischen 25 und 70 Jahren zu werden
Der neue Zyklus der Online-Schulungstermine startet mit jeweils zwei Sitzungen am 16. und 18. Juni (15-18 Uhr) oder am 25. und 26. Juni (18-21 Uhr). Sie möchten „Digitallotsin“ oder „Digitallotse“ in Eichenzell werden und wollen dazu mehr wissen? Dann melden Sie sich gerne im Smart City-Büro bei Anne Jana unter 06659/979-135 oder anne.jana@eichenzell.de.